Schadensersatz bei ersatzloser Streichung des Hinfluges und anschließender Kündigung der Reise durch den Reiseveranstalter

Autor: Rechtsanwalt Daniel Neubauer – verfasst am 10. Januar 2024
Kategorie: Reiserecht

Die ersatzlose Streichung des Hinfluges und die hierauf erklärte Kündigung des Reisevertrages durch den Reiseveranstalter stellt eine Vereitelung der Reise i. S. d. § 651n Abs. 2 BGB dar und rechtfertigt einen Anspruch des Reisenden auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Die ersatzlose Annullierung des Hinfluges muss sich der Reiseveranstalter grundsätzlich zurechnen lassen; eine Entlastung kommt insoweit nicht in Betracht. So hat das Landgericht Hannover in seinem Urteil vom 03.11.2023 (Az.: 1 S 29/23) entschieden und den Reisenden einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des hälftigen Reisepreises zugesprochen.

Unsere Mandanten buchten bei der Beklagten eine Pauschalreise nach Fuerteventura. Der Reisevertrag beinhaltete unter anderen einen Hinflug von Saarbrücken nach Fuerteventura. Nachdem sich unsere Mandanten am Flughafen eingefunden hatten, stellten sie fest, dass der Hinflug annulliert worden war. Eine Ersatzbeförderung wurde durch den Reiseveranstalter nicht angeboten. Vielmehr hat dieser den Reisevertrag gekündigt, sodass die Kläger die Reise nicht antreten konnten. In der Folge erstattete der Veranstalter zwar den Reisepreis, bot nach Aufforderung unserer Mandanten jedoch lediglich einen Reisegutschein als Entschädigung an und verwies im Übrigen auf Ansprüche gegen die Fluggesellschaft.

Das Landgericht Hannover bestätigte den geltend gemachten Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 50 % des Reisepreises, da die Pauschalreise durch die ersatzlose Streichung des Hinfluges durch die Airline – die sich der Veranstalter zurechnen lassen muss – und anschließende Kündigung der Pauschalreise vereitelt wurde.

Auch den Verweis der Beklagten auf einen etwaigen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechte-Verordnung gegen die Fluggesellschaft führte nach Ansicht der Kammer des Landgerichts Hannover zu keinem anderen Ergebnis. Nach § 651p Abs. 3 Nr. 1 BGB kann sich der Veranstalter zwar von seiner Zahlungspflicht befreien. Die Norm stellt jedoch ausdrücklich darauf ab, dass der Reisende die Zahlungen auch tatsächlich erhalten hat, wofür der Reiseveranstalter die Darlegungs- und Beweislast trägt. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Eine präventive Zahlungsverweigerung des Reiseveranstalters besteht hingegen nicht. Auch der weitere Einwand des Veranstalters, wonach der Anspruch auf eine Ausgleichszahlung sicher sei, hielt das Landgericht Hannover für nicht durchgreifend, zumal der Veranstalter weder zur wirtschaftlichen Lage der Fluggesellschaft noch zu dem Grund der Annullierung des Fluges vorgetragen hat.

Landgericht Hannover, Urteil vom 04.12.2023 – Az.: 1 S 29/23