Chaos an NRW-Flughäfen zum Ferienbeginn – Das sind Ihre Passagierrechte

Autor: Rechtsanwalt Daniel Neubauer – verfasst am 27. Juni 2022
Kategorie: Reiserecht

Kilometerlange Warteschlangen an den Flughäfen in Düsseldorf und Köln / Bonn, kurzfristige Flugannullierungen sowie verlorenes Gepäck – für zahlreiche Flugpassagiere verlief der Ferienbeginn nicht wie erhofft, sondern endete in einem Chaos an den NRW-Flughäfen. Hinzu kamen die angekündigten Streiks dreier Fluggesellschaften, die vorwiegend Mallorca-Flüge durchführen.

Fluggästen können bei derartigen Flugunregelmäßigkeiten jedoch Ansprüche auf eine Entschädigung zustehen.

Wird ein Flug kurzfristig von der Airline gestrichen, können Flugpassagiere nach der Fluggastrechte-VO einen Anspruch auf eine pauschale Ausgleichszahlung geltend machen. Nur bei außergewöhnlichen Umständen kann die Airline eine Zahlung verweigern. Zudem ist der Flugpreis innerhalb von sieben Tagen durch die Fluggesellschaft zurück zu erstatten, sofern kein Alternativflug angeboten und von den Passagieren wahrgenommen wurde.

Auch bei Annullierungen infolge langer Warteschlangen an den Passagierkontrollen kann die Fluggesellschaft zur Zahlung eines Ausgleichsbetrages verpflichtet bleiben. Es handelt sich nicht per se um außergewöhnliche Umstände. So hat der BGH entschieden, dass überlange Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen des Flughafens die Airline dann nicht entlasten, wenn diese nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Flugannullierung zu verhindern (vgl. BGH Urt. v. 04.09.2018, Az.: X ZR 111/17; ebenso AG Berlin-Wedding, Urt. v. 04.11.2021, Az.: 6 C 136/19).

Darüber hinaus können sich in derartigen Fällen auch Ersatzansprüche gegenüber dem Bund auf Schadensersatz, wie beispielsweise die Erstattung der Kosten für einen Ersatzflug ergeben, sofern sich der Fluggast rechtzeitig zum Check-In sowie unmittelbar danach zur Sicherheitskontrolle eingefunden hat (OLG Frankfurt, Urt. v. 27.01.2022, Az.: 1 U 220/20).

Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass etwaige Probleme bei der Passagierabfertigung zum Ferienbeginn in NRW bereits vorab befürchtet wurden. Gleichwohl ist es nicht ausgeschlossen, dass die Airlines zunächst versuchen werden, etwaige Ansprüche der Fluggäste zurückzuweisen.

Auch im Falle der von den Streiks betroffenen Fluggesellschaften kommt ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in Betracht, da auch insoweit nicht von vornherein von außergewöhnlichen Umständen auszugehen ist (EuGH Urt. v. 23.03.2021, Az.: C-28/20).

Auch bei verlorenem oder verspätetem Reisegepäck steht der Fluggast nicht entschädigungslos dar. So sieht das Montrealer Übereinkommen (MÜ) vor, dass die Airline bei Gepäckverlust oder -verspätungen die konkret deswegen entstandenen Kosten, z. B. für erforderliche Ersatzbeschaffungen, zu ersetzen hat. Im Falle einer Verspätung des Fluggepäcks muss jedoch binnen einer Frist von 21 Tagen nach dessen Eintreffen eine schriftliche Anzeige gegenüber der Fluggesellschaft erfolgen.

Waren Sie durch das aktuelle Chaos an den NRW-Flughäfen betroffen, könnten Ihnen grundsätzlich Ansprüche auf eine Entschädigung zustehen. Diese sind jedoch immer anhand des Einzelfalls zu prüfen. Für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.