Ausgleichszahlung bei nicht rechtzeitiger Unterrichtung über die Annullierung während der Corona-Pandemie

Autor: Rechtsanwalt Daniel Neubauer – verfasst am 3. Januar 2022
Kategorie: Reiserecht

Unterrichtet das Luftfahrtunternehmen lediglich den Reisevermittler – rechtzeitig mindestens zwei Wochen vor der geplanten Abflugzeit – über die Annullierung, muss die Airline eine Ausgleichszahlung leisten, wenn der Fluggast vom Reisevermittler nicht innerhalb dieser Frist informiert wird.

Dies hat das Amtsgericht Erding in einem aktuellen Urteil vom 29.12.2021 (Az.: 119 C 1903/21) entschieden und unserer Mandantin eine Ausgleichszahlung für die Streichung des Fluges von München nach Split zugesprochen.

Der Flug war von der Airline im Frühsommer 2020 annulliert worden, wobei eine Information an unsere Mandantin nicht erfolgte; diese erlangte kurz vor dem geplanten Abflug nur zufällig Kenntnis von der Streichung der Flüge. Die Fluggesellschaft behauptete sodann, das Reisebüro 13 Tage vor Abflug über die Streichung unterrichtet zu haben. Dies ließ das Amtsgericht jedoch nicht ausreichen.

Zwar dürfe sich die Airline nach Ansicht des Amtsgerichts zur Information des Fluggastes über die Annullierung eines Dritten bedienen. Das Informationsrisiko liege jedoch nach der Konzeption der Verordnung grundsätzlich beim Luftfahrtunternehmen. Es falle daher in den Risikobereich der Fluggesellschaft, so das Amtsgericht, wenn durch diesen Dritten – hier das Reisebüro – keine ordnungsgemäße Übermittlung der Nachricht erfolge. Vorliegend wurde nach eigenem Vortrag der Airline die Information an das Reisebüro jedoch nicht einmal innerhalb der erforderlichen Zweiwochenfrist übermittelt, was für sich genommen schon nicht rechtzeitig war.

Auch das pauschale Berufen der Fluggesellschaft, die Annullierung des Fluges sei auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, stelle nach zutreffender Ansicht des Amtsgerichts keinen außergewöhnlichen Umstand dar. Das Berufen der Airline auf die weltweite Reisewarnung sei auch nicht zu berücksichtigen, da die maßgebliche Reisewarnung mit Wirkung zum 15.06.2020 aufgeho­ben wurde. Die Entscheidung der Bundesregierung für die Aufhebung der weltweiten Reisewarnung für die EU-Staaten wurde bereits am 03.06.2020 getroffen und ab dem 05.06.2020 durch das Auswärtige Amt veröffentlicht. Damit hätte der Flug grundsätzlich am 23.06.2020 stattfinden können, was für die Beklagte im Zeitpunkt der Annullierung bereits absehbar war.

Daher hat das Amtsgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Airline zur Ausgleichszahlung verurteilt. Die Entscheidung zeigt deutlich auf, dass die Unterrichtung des Reisevermittlers über eine Annullierung grundsätzlich nicht ausreichend ist. Vielmehr muss der Fluggast die Mitteilung über die Streichung des Fluges auch tatsächlich weitergeleitet erhalten. Auch ein pauschales Berufen auf die Corona-Pandemie entlastet das Luftfahrtunternehmen nicht per se von einer Ausgleichszahlung.

Amtsgericht Erding, Urteil vom 29.12.2021 – Az.: 119 C 1903/21 (RRa 2022, 91)