Rechte und Pflichten von Urlaubern bei mangelhafter Reise

Autor: Rechtsanwalt Daniel Neubauer – verfasst am 3. April 2013
Kategorie: Reiserecht

Was bei ReisemÀngeln zu beachten ist!

Ferienzeit ist Reisezeit. Deshalb verbringen viele Menschen insbesondere die Sommermonate in Spanien, Italien oder der TĂŒrkei. Nicht selten wird jedoch „die schönste Zeit des Jahres“ zum Albtraum. Entweder hat der Reiseveranstalter das Hotel ĂŒberbucht oder es befindet sich eine ohrenbetĂ€ubende Baustelle direkt am Strand. Ist die Reise mangelhaft, so gibt es bereits wĂ€hrend der Reise Einiges zu beachten.

1. Welche Störungen kommen in Betracht?

Um etwaige AnsprĂŒche gegenĂŒber dem Reiseveranstalter geltend machen zu können, muss zunĂ€chst ein Reisemangel vorliegen. Das Gesetz sieht hier in § 651 c Abs. 1 BGB zwei Arten von ReisemĂ€ngeln vor. Der Reiseveranstalter haftet zunĂ€chst fĂŒr sog. „Reisefehler“. Erforderlich ist insoweit eine qualitative oder quantitative Minderleistung, wobei diese BeeintrĂ€chtigung den Verantwortungs- und Organisationsbereich des Veranstalters betreffen muss (FĂŒhrich, Reiserecht, Rn 137).

Ob ein Reisefehler vorliegt, ist anhand des geschlossenen Reisevertrages zu beurteilen, wobei insoweit auf die AusfĂŒhrungen im Reiseprospekt und der ReisebestĂ€tigung sowie auf die verbindlichen Zusagen bzw. Informationen des Reiseveranstalters abgestellt wird. Die Reise ist also dann mangelhaft, wenn diese oder ein Ausflug ausfĂ€llt, das Hotelzimmer zu klein ist oder der Reiseveranstalter ĂŒber bestehende Gefahren, wie beispielsweise einen Hurrikan, nicht informiert hat.

Oftmals versuchen sich die Reiseveranstalter, insbesondere durch Angaben im Reiseprospekt, der Haftung zu entziehen. So stehen Umschreibungen wie „naturbelassener Strand“ nicht selten fĂŒr einen im Abwasserbereich liegenden und ungepflegten Strand, „sauber und zweckmĂ€ĂŸig“ bedeutet so viel wie wenig Komfort (FĂŒhrich, Reiserecht, Rn 76).

Bloße Unannehmlichkeiten oder Störungen, die dem allgemeinen Lebensrisiko des Reisenden zuzurechnen sind, stellen dagegen keinen Reisefehler dar. Daher sind Geschmacksfragen beim Essen (AG Duisburg, RRa 2009, 146), WasserglĂ€tte im Bereich des Pools (LG Frankfurt, RRa 2003, 217) oder aber die Gefahr des Hotel- oder Ferienhausdiebstahls (LG Duisburg, RRa 2005, 225) grundsĂ€tzlich hinzunehmen.

Als weiterer Reisemangel, der die Haftung des Reiseveranstalters auslöst, kommt das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft in Betracht. Als Zusicherungen sind hierbei besonders hervorgehobene Kataloganpreisungen, schriftlich akzeptierte SonderwĂŒnsche sowie mĂŒndliche und schriftliche Zusagen anzusehen.

RegelmĂ€ĂŸig stellen daher Angaben zur Hotelkategorie (AG Essen, NJW-RR 1991, 1202), Strandentfernung (LG Kleve, RRa 1998, 15) oder dem Meerblick (AG Hamburg, RRa 1998, 111), die beispielsweise im Reiseprospekt gemacht werden, zugesicherte Eigenschaften dar. Sind diese Eigenschaften tatsĂ€chlich nicht vorhanden, so ist ein Reisemangel gegeben.

2. Welche GewÀhrleistungsrechte kann man geltend machen?

Liegt ein Reisemangel vor, stehen dem Reisenden grundsĂ€tzlich GewĂ€hrleistungsrechte gegenĂŒber dem Reiseveranstalter zu.

Entspricht die Reiseleistung beispielsweise nicht den vereinbarten Bedingungen, kann der Reisende vom Veranstalter die Abhilfe der MĂ€ngel verlangen. Kommt dieser dem Abhilfeverlangen des Urlaubers nicht nach, so steht dem Reisenden das Recht zur Selbstabhilfe zu.

Zudem kommen fĂŒr die Dauer der aufgetretenen MĂ€ngel eine Reisepreisminderung oder bei erheblichen BeeintrĂ€chtigung die KĂŒndigung der Reise in Betracht. Letztlich können Reisende fĂŒr UrlaubsschĂ€den oder nutzlos aufgewendete Urlaubszeit unter UmstĂ€nden Schadensersatz verlangen.

Wichtig: Um diese GewĂ€hrleistungsrecht geltend machen zu können, muss der Reisende bereits wĂ€hrend der Reise den Mangel beim Reiseveranstalter anzeigen (§ 651 d Abs. 2 BGB). Zudem mĂŒssen AnsprĂŒche gegenĂŒber dem Reiseveranstalter binnen eines Monats nach dem vertraglichen Reiseende geltend gemacht werden (§ 651 g Abs. 1 BGB).

Da der Reisende im Zweifel neben dem Reisemangel auch die MĂ€ngelanzeige zu beweisen hat, sollten Urlauber letztere schriftlich erstellten und vom Reiseveranstalter gegenzeichnen lassen. Zudem sollten die MĂ€ngel mittels Digitalkamera oder Smartphone dokumentiert werden. Auch bieten sich insoweit andere HotelgĂ€ste als Zeugen fĂŒr ein spĂ€teres Vorgehen gegen den Reiseveranstalter an.

3. Was können Urlauber wÀhrend der Reise vom Veranstalter verlangen?

Bei nicht unerheblichen ReisemĂ€ngeln kann der Urlauber zunĂ€chst nach § 651 c Abs. 2 BGB Abhilfe durch den Veranstalter verlangen. Hierbei wendet sich der Reisende bestenfalls an die örtliche Reiseleistung, die im Regelfall mehrmals pro Woche vor Ort anzutreffen ist. Ein Abhilfeverlangen gegenĂŒber der Hotelrezeption ist dagegen nicht ausreichend (FĂŒhrich, Reiserecht Rn 155).

Die vom Reisenden geforderte Abhilfe ist durch den Reiseveranstalter sofort auf eigene Kosten und ohne jeglichen Aufpreis vorzunehmen, sofern sie nicht unverhĂ€ltnismĂ€ĂŸig ist. Ist beispielsweise der Transfer vom Flughafen zum Hotel nicht gestellt, so ist ein Taxi durch den Veranstalter einzusetzen. Soll der Reisende in einem anderen Hotel untergebracht werden, so muss dieser die Ersatzleistung nur akzeptieren, wenn das neue Hotel in Standard, Kategorie und rĂ€umlicher Lage vergleichbar und ihm ein Umzug persönlich zumutbar ist. Hierbei sind kleinere Abweichungen hinsichtlich Verpflegung, Ausstattung oder Strandentfernung grundsĂ€tzlich hinzunehmen (FĂŒhrich, Reiserecht Rn 158).

Kommt der Veranstalter dem Abhilfeverlangen des Reisenden nicht (ordnungsgemĂ€ĂŸ) nach, so kann der Reisende nach Ablauf einer zuvor gesetzten angemessenen – in der Regel kurzen – Frist den Mangel im Wege der Selbstabhilfe auf Kosten des Reiseveranstalters beseitigen (§ 651 c Abs. 3 BGB). Vertröstet der Reiseveranstalter den Reisenden lediglich, ohne Abhilfe zu schaffen oder kommt der Urlauber nachts im Hotel an, ohne ein Zimmer zugewiesen zu bekommen, so ist die Setzung einer Frist ausnahmsweise nicht notwendig (FĂŒhrich, Reiserecht Rn 163).

Nach vollstĂ€ndiger und ordnungsgemĂ€ĂŸer Abhilfe kann der Reisende wegen des ursprĂŒnglichen Reisemangels keine weiteren Rechte mehr geltend machen.

Liegen erhebliche BeeintrĂ€chtigungen der Reise vor (z. B. BaulĂ€rm bis in die Nacht hinein) oder ist diese aus subjektiv persönlichen GrĂŒnden unzumutbar (z. B. keine diĂ€tische Verpflegung trotz Zusage), kann der Reisende den Reisevertrag gemĂ€ĂŸ § 651 e BGB auch nach Antritt der Reise vorzeitig kĂŒndigen, sofern er dem Reiseveranstalter erfolglos eine Frist zur Abhilfe gesetzt hat. Als Erheblichkeitsschwelle wird regelmĂ€ĂŸig unter GesamtwĂŒrdigung aller UmstĂ€nde ein fiktiver Richtwert der Minderung von 30 % angenommen (FĂŒhrich, Reiserecht Rn 176).

Bei wirksamer KĂŒndigung verliert der Veranstalter seinen Anspruch auf den Reisepreis (§ 651 e Abs. 3 S. 1 BGB), wobei er fĂŒr die bis dahin erbrachten Leistungen eine zeitanteilige EntschĂ€digung einbehalten kann. Bei einer Pauschalreise ist der Reiseveranstalter regelmĂ€ĂŸig auch im Falle der KĂŒndigung verpflichtet, Abreise, RĂŒckflug und Transfer zum Ausgangspunkt der Reise (in aller Regel ein deutscher Flughafen) zu organisieren.

4. Welche AnsprĂŒche stehen Urlaubern nach der Reise zu?

Der in der Praxis wohl bedeutendste Anspruch nach Beendigung der Reise ist die Reisepreisminderung. Der Reisepreis kann nachtrĂ€glich jedoch nur fĂŒr die Zeit gemindert werden, solange der Mangel nicht durch (Selbst-)Abhilfe beseitigt oder die Reise gekĂŒndigt ist.

Neben der nach § 651 d Abs. 2 BGB notwendigen MĂ€ngelanzeige gegenĂŒber der Reiseleitung, muss der Mangel eine gewisse Zeit angedauert haben. Insoweit richtet sich die Höhe der Minderung nach Art, Dauer und IntensitĂ€t des Mangels, dem Grad der konkreten NutzungsbeeintrĂ€chtigung sowie dem Reisecharakter (FĂŒhrich, Reiserecht Rn 171).

Eine KĂŒrzung des Reisepreises kommt nur fĂŒr die Dauer der BeeintrĂ€chtigung bis zur Beseitigung des Mangels in Betracht, wobei die Minderung durch SchĂ€tzung eines Abschlags vom Tagesreisepreis erfolgt (§ 638 Abs. 3 S. 2 BGB). Als Orientierungshilfe fĂŒr eine Minderung stehen die von der Rechtsprechung entwickelten Tabellen zur VerfĂŒgung (Frankfurter bzw. Kemptener ReisemĂ€ngeltabelle). So berechtigt etwa ein anderes als das gebuchte Hotel stets zu einer Minderung in Höhe von 10 % (AG Kleve, 36 C 47/01). Bei einem schlechten Zustand der Sonnenschirme und Liegen kommt dagegen eine Minderung von 5 % in Betracht (AG Köln, 122 C 235/05).

Neben der Minderung kann der Reisende zudem Schadensersatz nach § 651 f BGB verlangen, sofern den Veranstalter am Reisemangel ein Verschulden trifft. SchadensersatzansprĂŒche kommen beispielsweise bei der Überbuchung des Hotels (BGH NJW 2005, 1047), fehlender AufklĂ€rung ĂŒber vorhersehbare Streiks oder Hurrikans im Zielgebiet (BGH NJW 2002, 3700) oder bei Fehlleitung des ReisegepĂ€cks in Betracht. Hat der Reisende wegen erheblicher BeeintrĂ€chtigungen nutzlos Urlaubstage aufgewendet, so können ihm ebenfalls nach § 651 f Abs. 2 BGB SchadensersatzansprĂŒche zustehen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Urlaubern bei MĂ€ngeln oftmals GewĂ€hrleistungsansprĂŒche zustehen, die gegenĂŒber dem Reiseveranstalter geltend gemacht werden können. Hierzu sollte der Reiseveranstalter umgehend nach der Reise unter Vorlage einer MĂ€ngelliste und weiteren Nachweisen angeschrieben werden. Sinnvoll ist regelmĂ€ĂŸig auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung der AnsprĂŒche. Gerne stehe ich Ihnen insoweit zur VerfĂŒgung.