Nachweispflicht des Arbeitnehmers bei Erkrankung
Autor: Rechtsanwalt Marcel Wahnfried â verfasst am 27. September 2013
Kategorie: Arbeitsrecht
Was muss man als Arbeitnehmer beachten, nachdem man den Arbeitgeber möglichst vor oder zu Beginn der jeweiligen Arbeitszeit ĂŒber die eigene ArbeitsunfĂ€higkeit gemÀà § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG in Kenntnis gesetzt hat?
In der Bevölkerung ist durchaus die Auffassung weit verbreitet, dass man dem Arbeitgeber ânurâ dann eine ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung vorzulegen hat, wenn die ArbeitsunfĂ€higkeit lĂ€nger als drei Kalendertage andauert.
Diese Auffassung stellt grundsÀtzlich den Regelfall gemÀà § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG dar.
An einem Beispiel verdeutlicht bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer, falls die ArbeitsunfÀhigkeit an einem Montag beginnt, dem Arbeitgeber die ArbeitsunfÀhigkeitsbescheinigung spÀtestens am Donnerstag derselben Woche gemÀà § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG vorzulegen hat.
Jedoch ist zu beachten, dass der Arbeitgeber gemÀà § 5 Abs. 1 S. 3 EFZG auch grundsÀtzlich berechtigt ist, die Vorlage der ArbeitsunfÀhigkeitsbescheinigung auch schon am ersten Tag der ArbeitsunfÀhigkeit vom Arbeitnehmer zu verlangen.
In diesem Zusammenhang ist zu berĂŒcksichtigen, dass der Arbeitgeber sein Vorlageverlangen nach § 5 Abs. 1 S. 3 EFZG auch ohne eine besondere BegrĂŒndung geltend machen kann (HK-ArbR/Gieseler, § 5 EFZG Rn. 12).
Weiterhin bedarf die Geltendmachung des vorzeitigen Vorlageverlangens im Hinblick auf die ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung keiner besonderen Form. So ist es zulĂ€ssig, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mĂŒndlich, telefonisch oder schriftlich zur vorzeitigen Vorlage der ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung auffordert (Schaub/Linck, ArbR-Hdb, § 98 Rn. 121).
Zudem ist auch die arbeitsvertragliche Regelung zulĂ€ssig, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits am ersten Tag der ArbeitsunfĂ€higkeit eine ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung vorzulegen hat. Diese Regelungsmöglichkeit stellt nach wohl ĂŒberwiegender Auffassung keine Benachteiligung des Arbeitnehmers gemÀà § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar (Schrader/Schubert, NZA-RR 2005, 225, 227).
FĂŒr welchen Zeitraum kann bzw. darf die ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung vom behandelnden Arzt ausgestellt werden?
GrundsĂ€tzlich gilt gemÀà § 31 BMV (Bundesmanteltarifvertrag-Ărzte) i.V.m. den AU-Richtlinien zu.
§ 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB V, dass die ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung nur aufgrund einer entsprechenden Ă€rztlichen Untersuchung erteilt werden darf. Daraus ist zu folgern, dass die ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung grundsĂ€tzlich nicht rĂŒckwirkend ausgestellt werden darf.
So kommt gemÀà § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 SGB i.V.m. § 5 Abs. 3 S. 2 der AU-Richtlinien nur ausnahmsweise nach einer entsprechenden Ă€rztlichen PrĂŒfung eine RĂŒckwirkung in einem Umfang von maximal zwei Tagen in Betracht.
So hat das LAG Köln in einem Urteil vom 21.11.2003 â Az.: 4 Sa 588/03 angemerkt, dass der Beweiswert einer ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung regelmĂ€Ăig dann erschĂŒttert sei, wenn der Arzt den Beginn der ArbeitsunfĂ€higkeit rĂŒckwirkend feststellt und die RĂŒckwirkung der ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung einen Zeitraum von zwei Tagen ĂŒberschreitet.
Welchen Inhalt muss die ArbeitsunfÀhigkeitsbescheinigung haben?
 Die ArbeitsunfÀhigkeitsbescheinigung muss einen bestimmten Inhalt vorweisen. So muss diese von einem approbierten Arzt ausgestellt werden. Eine ArbeitsunfÀhigkeitsbescheinigung von einem Psychologen oder Heilpraktiker ist insoweit nicht ausreichend (Schaub/Linck, ArbR-Hdb, § 98 Rn. 125). Allerdings gilt in diesem Zusammenhang auch der Grundsatz der freien Arztwahl (ErfK/Dörner, § 5 EFZG Rn. 13). Dies bedeutet, dass sich der Arbeitnehmer den Arzt frei aussuchen darf und nicht an einen bestimmten Arzt gebunden ist.
Ferner muss die ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung zudem die (voraussichtliche) Dauer der ArbeitsunfĂ€higkeit enthalten (HK-ArbR/Gieseler, § 5 EFZG Rn. 15). Dabei kann die Dauer der ArbeitsunfĂ€higkeit entweder datumsgenau durch Angabe des ersten und voraussichtlich letzten Tages der ArbeitsunfĂ€higkeit oder aber durch Angabe des voraussichtlichen Zeitraums der ArbeitsunfĂ€higkeit (so beispielsweise: âeine Woche ab dem Bescheinigungsdatumâ) erfolgen (HK-ArbR/Gieseler, § 5 EZFG Rn. 15).
Sofern der Arbeitnehmer auch gesetzlich krankenversichert ist, muss die ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung gemÀà § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG den Vermerk enthalten, dass der Krankenkasse unverzĂŒglich eine Bescheinigung ĂŒber die ArbeitsunfĂ€higkeit mit Angaben ĂŒber den Befund und die voraussichtliche Dauer der ArbeitsunfĂ€higkeit ĂŒbersandt wird.
Wichtig: Nur die Bescheinigung an die gesetzliche Krankenkasse gemÀà § 5 Abs. 1 S. 5 EFZG enthĂ€lt eine Angabe ĂŒber Art und Ursache der ArbeitsunfĂ€higkeit des Arbeitnehmers. Die ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung, die dem Arbeitgeber gemÀà § 5 Abs. 1 S. 2, 3 EFZG vorzulegen ist, darf keinerlei Bemerkungen ĂŒber die Art und Ursache der ArbeitsunfĂ€higkeit enthalten (BAG, Urteil vom 19.03.1986 â Az.: 5 AZR 86/85).
Sofern die ArbeitsunfĂ€higkeit ĂŒber die in der ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung angegebene Dauer hinausgeht, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gemÀà § 5 Abs. 1 S. 4 EFZG eine Folgebescheinigung vorzulegen.
Hinsichtlich Art, Umfang und Inhalt dieser Folgebescheinigung gelten nach wohl ĂŒberwiegender Auffassung dieselben Regelungen und Anforderungen wie an die ursprĂŒngliche ArbeitsunfĂ€higkeitsbescheinigung (LAG Hessen, Urteil vom 01.12.2006 â Az.: 12 Sa 737/06), so dass es wohl zu einer entsprechenden Anwendung der Regelungen des § 5 Abs. 1 S. 1-3 EFZG kommen dĂŒrfte.