Anzeigepflicht des Arbeitnehmers bei Erkrankung

Autor: Rechtsanwalt Marcel Wahnfried – verfasst am 30. Oktober 2013
Kategorie: Arbeitsrecht

Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der Anzeigepflicht nach § 5 EFZG. Welcher Arbeitnehmer hat es noch nicht erlebt: Man steht morgens auf, ist krank und fĂŒhlt sich absolut nicht in der Lage zur Arbeit zu gehen!? Welche Rechte und Pflichten hat man als Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang?

1. Wann muss die Anzeige der ArbeitsunfÀhigkeit durch den Arbeitnehmer erfolgen?

ZunĂ€chst gilt gemĂ€ĂŸ § 5 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), dass man als Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber unverzĂŒglich ĂŒber seine ArbeitsunfĂ€higkeit in Kenntnis setzen muss.

Der Gesetzgeber definiert „unverzĂŒglich“ gemĂ€ĂŸ § 121 Abs. 1 S. 1 BGB mit der Umschreibung „ohne schuldhaftes Zögern“. Wichtig ist dabei anzumerken, dass die unverzĂŒgliche Anzeige nicht zwangslĂ€ufig die sofortige Anzeige der ArbeitsunfĂ€higkeit meint (ErfK-Dörner, § 5 EFZG Rn. 6).

Vielmehr wird in der Rechtsprechung grundsĂ€tzlich davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber so schnell wie möglich ĂŒber die ArbeitsunfĂ€higkeit unterrichten muss, so dass dieser Zeitpunkt durchaus vom jeweiligen Einzelfall abhĂ€ngen kann. GrundsĂ€tzlich wird man davon ausgehen mĂŒssen, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber vor oder zu Beginn der eigentlichen Arbeitszeit zu informieren hat.

Sinn und Zweck der Anzeigepflicht des § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG ist, dass der Arbeitgeber aufgrund der zeitnahen Mitteilung der ArbeitsunfÀhigkeit durch den Arbeitnehmer in die Lage versetzt werden soll, noch rechtzeitig personelle Dispositionen vorzunehmen, um den krankheitsbedingten Ausfall des Arbeitnehmers entsprechend abzufedern (HK-ArbR/Gieseler, § 5 EFZG Rn. 2).

2. Wie hat nun der Inhalt dieser Mitteilung nach § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG auszusehen?

GrundsÀtzlich enthÀlt das Gesetz keine Regelung, die den Inhalt der Mitteilung der ArbeitsunfÀhigkeit konkretisiert. Dennoch haben sich in der Vergangenheit insoweit gewisse Spielregeln entwickelt.

Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber grundsÀtzlich vor einem etwaigen Arztbesuch die ArbeitsunfÀhigkeit anzuzeigen. Dabei ist es nach allgemeiner Ansicht in der Rechtsprechung und Literatur so, dass der Arbeitnehmer mit der Anzeige der ArbeitsunfÀhigkeit nach § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG nicht den Arztbesuch abwarten kann, wenn schon vorher klar ist, dass der Arbeitnehmer nicht bei der Arbeit erscheinen wird (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 98 Rn. 115).

Vor dem Arztbesuch ist es regelmĂ€ĂŸig ausreichend, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer „Selbstdiagnose“ dem Arbeitgeber die ArbeitsunfĂ€higkeit und gegebenenfalls die voraussichtliche Dauer der ArbeitsunfĂ€higkeit mitteilt.

Nach dem Arztbesuch muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer der ArbeitsunfÀhigkeit dergestalt konkreter darlegen, wie sie vom Arzt bei dem Arztbesuch konkretisiert worden ist.

Wichtig:

GrundsĂ€tzlich hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht ĂŒber die Art der Erkrankung und deren Ursache in Kenntnis zu setzen (ArbG Mannheim, Urteil vom 12.01.2000 – Az. : 11 Ca 310/99). Ausnahmen hiervon sind dann gegeben, wenn die Art der Erkrankung dazu fĂŒhrt, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf seine ĂŒbrigen Arbeitnehmer Schutzmaßnahmen treffen muss oder aber die ArbeitsunfĂ€higkeit des Arbeitnehmers auf einer SchĂ€digung eines Dritten beruht, beispielsweise bei einem Verkehrsunfall.

3. In welcher Form muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber ĂŒber die ArbeitsunfĂ€higkeit unterrichten?

Festzuhalten gilt, dass eine Mitteilung der ArbeitsunfĂ€higkeit mittels eines Briefs in der heutigen Zeit nicht mehr den Anforderungen der unverzĂŒglichen Anzeige der ArbeitsunfĂ€higkeit genĂŒgt (ErfK-Dörner, § 5 EFZG Rn. 7).

Der Arbeitnehmer hat sich moderner Kommunikationsmittel zu bedienen, um dem Arbeitgeber die ArbeitsunfĂ€higkeit anzuzeigen. So wird ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber regelmĂ€ĂŸig telefonisch ĂŒber die vorliegende ArbeitsunfĂ€higkeit in Kenntnis setzen.

Weiterhin ist im Zeitalter der modernen Kommunikationsmittel davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auch via Fax, E-Mail oder gar via SMS ĂŒber seine ArbeitsunfĂ€higkeit mitteilen kann, da durch diese Kommunikationsmittel regelmĂ€ĂŸig sichergestellt ist, dass dem Arbeitgeber die Anzeige der ArbeitsfĂ€higkeit schnell und zeitnah zugeht (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 98 Rn. 115, 116). FĂŒr die unverzĂŒgliche Mitteilung der ArbeitsunfĂ€higkeit kommt es nach ganz allgemeiner Ansicht nicht auf das Absenden der Mitteilung, sondern auf den Zugang der Mitteilung beim Arbeitgeber an (HK-ArbR/Gieseler, § 5 EFZG Rn. 6).

Eine Verletzung der Anzeigepflicht durch den Arbeitnehmer kann zur Abmahnung und im Wiederholungsfall zur KĂŒndigung des entsprechenden Arbeitnehmers fĂŒhren. Weiterhin kann der Arbeitnehmer sich Schadensersatzforderungen des Arbeitgebers  fĂŒr SchĂ€den ausgesetzt sehen, die durch die Verletzung der Anzeigepflicht beim Arbeitgeber entstanden sind (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 98 Rn. 118).